Können Scheidungen auch unbeschwerlich sein?

Trennung

Die Hochzeit ist ein Lebensereignis, das viele Menschen mit Romantik, Liebe, Aufbruch und Vertrautheit verbinden. Allerdings folgt nicht allzu selten auf die Hochzeit die Scheidung. Letztlich sind beide Ereignisse ein Rechtsakt, der Belastungen mit sich bringen kann, den man aber ebenso zu seinem Vorteil gestalten kann. Deshalb soll es im Folgenden darum gehen, wie Ehegatten, auch in ihrer Funktion als alleinerziehende Eltern, den Scheidungsprozess bestmöglich meistern.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Christian Kieppe, Online Scheidung Deutschland

Wie groß ist der „Scheidungsmarkt“ Deutschlands?

Zunächst bietet es sich an, einen Blick auf die statistische Größe der Thematik zu werfen. 2019 haben sich 416 300 Ehepaare sich die ewige Treue geschworen. Im gleichen Jahr wurden wiederum 149 010 Ehen durch die Familiengerichte geschieden. Das bedeutet, dass sich eine große Zahl von Menschen in Deutschland, nämlich fast 300 000 Frauen und Männer, in einem Scheidungsprozess wiedergefunden haben.

Scheidungsrate je 1000 geschlossene Ehen

Quelle: Statistisches Bundesamt

Ebenso interessant ist zu sehen, wie sich die Scheidungsrate in den letzten zehn Jahren rückläufig entwickelt hat. Die Grafik zeigt die Summe der ehedauerspezifischen Scheidungsziffern, die sich als geschiedene Ehen eines Eheschließungsjahrgangs je 1000 geschlossene Ehen, mit anderen Worten: die Scheidungsrate. 2018 haben sich von 1000 Ehepaaren 318,5 scheiden lassen. Die Aussage, dass in Deutschland jede zweite Ehe, also 50% in die Brüche gingen, stimmt somit nicht.

Wann lassen sich Ehepaare scheiden?

Anhand der Auswertungen des Statistischen Bundesamtes lässt sich sogar sagen, wann Ehegatten durchschnittlich von ihrer Ehescheidung betroffen sind.

Durchschnittliches Alter Geschiedener

Quelle: Statistisches Bundesamt

Das durchschnittliche Alter, in dem sich Ehegatten mit einer Scheidung konfrontiert sahen, betrug im Jahr 2019 bei Frauen 44,4, bei Männern 46,6. Die meisten Ehegatten lassen sich also dann scheiden, wenn sie, gemessen an der Lebenserwartung in Deutschland, ziemlich genau ihre zweite Lebenshälfte erreicht haben. Die Scheidung stellt daher eine wichtige Zäsur und einen Neuanfang für viele Menschen dar.

Durchschnittliche Ehedauer bei Scheidung

Quelle: Statistisches Bundesamt

Im Zeitpunkt der Scheidung haben Ehegatten im Jahre 2019 durchschnittlich 14,8 Jahre in ihrer Ehe verbracht. Eine Zeit, in der vieles zusammenwachsen konnte, das sich mit der Scheidung trennen muss. Allein deshalb haben viele Ehegatten ein Interesse daran, den Scheidungsprozess an sich so angenehm wie möglich zu gestalten und negativen Auswirkungen der Scheidungsfolgen möglichst zu minimieren. Das gilt insbesondere dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind.

Darauf sollten Ehegatten bei ihrer Scheidung achten

Nach durchschnittlich circa 15 Jahren Ehe ist eine Trennung ohne Frage schwer zu verdauen. Allerdings hat jeder Ehegatte noch ungefähr die Hälfte des Lebens vor sich. Daher kann jeder Ehegatte mit dem Scheidungsverfahren dafür sorgen, die Weichen für den Neustart zu stellen.

Im Scheidungsverfahren: Geld & Zeit sparen

Das juristische Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht dauert in den meisten Fällen ungefähr ein Jahr. Wenn es ganz schnellt geht, kann die Scheidung auch in einem halben Jahr über die Bühne gehen – das ist allerdings der Ausnahmefall. Angesichts des langwierigen Verfahrens stellt sich die Frage, welche Maßnahmen die Scheidung beschleunigen. Hier können Ehegatten bei der Kommunikation mit ihrem Rechtsanwalt anfangen. So können Ehegatten den Scheidungsantrag online ausfüllen und dem Rechtsanwalt über dessen Webseite oder online zukommen lassen. Werden alle weiteren Fragen übers Telefon geklärt, vergeht kaum Zeit, bis das Gericht mit der Arbeit beginnen kann. Die Beratungsqualität soll dadurch nicht leiden, im Gegenteil: Wenn bei Ehegatten kurzfristig Fragen aufkommen, sei es zum Versorgungsausgleich oder zum Sorgerecht für die Kinder, kann der Anwalt mit nur einem Anruf direkt gefragt werden, ohne einen Termin vereinbaren zu müssen. Dieses durch moderne Kommunikationsmittel beschleunigte Verfahren firmiert seither als „Online Scheidung“. Wie schnell das Gericht die Unterlagen sichtet und einen mündlichen Verhandlungstermin anberaumt, können dann allerdings weder Anwalt noch Ehegatten beeinflussen.

Streitereien bei der Scheidung - Bild: pixabay.com

Streitereien bei der Scheidung – Bild: pixabay.com

Des Weiteren können Ehegatten Geld sparen, indem sie den Weg der einvernehmlichen Scheidung wählen. Einvernehmlich bedeutet, dass sich die Ehegatten über den Ablauf des Trennungsjahres, den Unterhalt, die Auseinandersetzung des Vermögens und des Hausrats, die Aufteilung der Ehewohnung und das Sorge- und Umgangsrecht einig sind. Für die Regelung dieser Punkte sei folgender Tipp angemerkt: Die Erfahrung zeigt, dass einvernehmliche Scheidungen dann reibungslos ablaufen, wenn die Ehegatten ihre Vereinbarungen schriftlich festhalten. Dann kann nämlich der andere Teil im Nachhinein nicht mehr behaupten, er habe der Vereinbarung nicht zugestimmt, wenn er seine Unterschrift unter der Regelung prangert. Neben der Vermeidung von Streit bietet die einvernehmliche Scheidung den Vorteil, dass nur ein Anwalt beauftragt werden muss. Dies spart 50 % der normal anfallenden Anwaltskosten. Hinzu kommt, dass der Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens wegen der Einfachheit des Verfahrens durch das Gericht um 30% reduziert werden kann, wodurch die Scheidungskosten insgesamt um circa 15 % fallen können.

Ehegatten in finanzieller Not können im Scheidungsverfahren, wie bei anderen Gerichtsprozessen auch, Verfahrenskostenhilfe beantragen, indem sie das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausfüllen. Sobald dieses Formular durch den Rechtsanwalt bei Gericht eingeht, werden die Scheidungskosten ganz oder zum Teil vom Staat getragen. Gerade alleinerziehende Eltern sollten sorgfältig prüfen, ob ihnen die Last der Scheidungskosten von der Solidargemeinschaft ganz oder zum Teil abgenommen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Ehegatte über ein geringes Einkommen verfügt, finanziell stark belastet oder hoch verschuldet ist. Ob diese Voraussetzungen in Ihrem Fall vorliegen, muss jedoch stets im individuellen Fall durch Ihren Anwalt geprüft werden.

glücklich geschieden

Glücklich geschieden – Bild: pixabay.com

Das Sorgerecht für eheliche Kinder

Sind aus der Ehe Kinder hervorgegangen, bleibt nach der Scheidung meist ein Elternteil als alleinerziehend zurück. Diese herausfordernde Situation trifft in den meisten Fällen die Mütter der Kinder. Normalerweise haben beide Elternteile das gemeinschaftliche Recht, für die Person und die das Vermögen ihrer Kinder Sorge zu tragen. Vor Gericht kann ein Elternteil aber auch das alleinige Sorgerecht beantragen. Diesem Antrag gibt das Gericht statt, wenn der andere Elternteil zustimmt. Bei Widerspruch muss der beantragende Elternteil darlegen, dass die Übertragung des alleinigen Sorgerechts dem Kindeswohl am besten entspricht. Das alleinige Sorgerecht bietet für den sorgetragenden Elternteil den Vorteil, dass er nicht nur in täglichen, sondern auch in einmaligen Angelegenheiten des Kindes (z.B. die Entscheidung darüber, welche weiterführende Schule das Kind besucht) rechtssicher entscheiden kann.

Allerdings kann der andere Elternteil das gemeinsame Sorgerecht gemäß §1626a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erneut beantragen. Diesem Antrag gibt das Familiengericht statt, wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt, die dem gemeinsame Sorgerecht entgegenstehen könnten und solche Gründe auch nicht ersichtlich sind.

Fazit: Scheidungen können einfach & günstig sein

Traurig und schmerzhaft sind Scheidungen für die Betroffenen nahezu immer. Das juristische Scheidungsverfahren kann von den Betroffenen allerdings so gestaltet werden, dass es einfach und günstig(er) von statten geht. Damit das Resultat der Scheidung ebenso gut wird, ist eine flexible Rechtsberatung von Vorteil, die Mandanten in jeder Situation und insbesondere in den Verhandlungen über die Scheidungsfolgen mit dem Ehegatten zur Seite steht.

Über den Autor

Christian Kieppe - Rechtsanwalt
Christian Kieppe ist Rechtsanwalt in Münster und betreut seit gut einem Vierteljahrhundert Mandanten auf dem Gebiet des Familienrechts.

Der Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann diese im individuellen Fall auch nicht ersetzen.
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